Auf der Brunnsteinhütte in der Alpenwelt Karwendel zu Gast
Der heutige Hüttenwirt der Brunnsteinhütte – Hans-Peter Gallenberger – machte 1977 Abi. „Das war die Zeit des Club of Rome, der Anti-Atomkraft-Bewegung“, erzählt er. Der Anfang der Umweltbewegung hat ihn offenbar stark geprägt. Und im Gegensatz zu vielen anderen schafft er es bis heute, sein Umweltbewusstsein auch in die Tat umzusetzen. Und wie!
Nach seiner Zimmererlehre überlegte Gallenberger, Holzbau zu studieren. Dann schrieb die DAV-Sektion Mittenwald 1981 überraschend die Hütte aus; Kurz darauf bekam er mit seiner ersten Frau den Zuschlag. Heute zeichnen Gütesiegel und die Beteiligung an verschiedenen Kampagnen des Deutschen Alpenvereins (DAV) die Brunnsteinhütte im Karwendel aus: Das „Umweltgütesiegel“, „So schmecken die Berge“ und „Mit Kindern auf Hütten“. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau Barbara versteht der Mittenwalder es, alle drei Prädikate geschickt zu verbinden – zum Vorteil seiner Gäste. Fangen wir mit den sichtbarsten Effekten an…
Der Streichelzoo auf der Brunnsteinhütte
Als fünffacher Vater weiß Gallenberger, was Kinderherzen höher schlagen lässt. So ist es kein Zufall, dass die steilen Wiesen rund um die Brunnsteinhütte ein kleiner Streichelzoo geworden sind: Esel Frederico ist der Star und Fotomotiv Nummer 1 der Besucher. Die Geißen Gretel und Moni, drei Schafe, Schäferhündin Kia und zwei Hennen laufen ebenfalls frei um die Hütte herum. Letztere stammen aus einer Legebatterie und haben sich hier oben auf 1560 Meter prächtig erholt. Der unternehmungslustige „Fredl und die Goaßen gehen zwei bis dreimal pro Woche runter bis zur Hängebrücke, übernachten unten, in der Früh kommen sie wieder rauf“, erzählt Gallenberger.
Hunde sollten beim Aufstieg deshalb und sowieso lieber an die Leine. 2012 hat Gallenberger sogar einen Almabtrieb inszeniert. „Das war eine Mordsgaudi, alle bekamen einen Kranz. Die Goaßen haben sich gegenseitig gleich den „Aufputz“ (Blumenschmuck) vom Kopf gefressen“, erinnert er sich. Gallenberger zeigt Fotos: Was für ein Bild, als der bekränzte Frederico mit einem kleinen Hühnerstall am Rücken und das Hüttenteam in festlicher Tracht durch den Mittenwalder Obermarkt zogen!
Eine Hütte für Familien mit Kindern
Im Sandkasten vor der Brunnsteinhütte findet man so ziemlich alles, wovon kleine Jungs träumen: Bagger, Schaufel, sogar eine Spielzeug-Kettensäge. Ein paar Schritte weiter stehen ein Brunnen mit frischem Wasser und ein kleiner Spielplatz mit Schaukel, daneben Liegestühle. Auch drinnen herrscht Familienfreundlichkeit: Neben dem Aufstieg in die Schlafräume leuchten Kinder-Hausschuhe in allen Farben und Größen von der Wand, Spiele und Bücher stapeln sich im Regal, eine hölzerne Wendeltreppe führt nach oben. Dort gelangt man in einfache, aber gemütliche, liebevoll gemachte Zimmer und Lager mit viel Holz, gestreifter oder karierter Bettwäsche. Der Blick aus dem Fenster auf das gegenüberliegende Wettersteinmassiv macht jede weitere Deko überflüssig. Klar, dass Familien sich hier wohlfühlen.
Kind- und familiengerechter Aufstieg
Auch die Wanderung zur Hütte ist toll für Kinder: Der Weg führt von Mittenwald zunächst gemächlich, dann steil, aber nicht zu steil den Hang hinauf. Wurzeln und Steine zwingen Groß und Klein, mehr auf den Weg als auf die Anstrengung zu achten. Im ersten Drittel geht ein kurzer Abstecher zur Hängebrücke über die Sulzleklamm. Die wackelnde stählerne Verbindung führt zum Leitersteig, über den man auch zur Mittenwalder Hütte gelangt. Selbst wenn man über die Hängebrücke wackelt, nach dem Habicht Ausschau hält und die Spechthöhlen oder mögliche Fuchsbaueingänge neben dem Weg sucht, ist man mit Kindern in etwa zwei Stunden oben.
Ein Paradies für Kinder auf 1.521 Metern
Die Tiere, der kurze und abwechslungsreiche Anstieg, das familienfreundliche Ambiente und die Tatsache, dass die Brunnsteinhütte eine der wenigen mit dem Prädikat „Mit Kindern auf Hütte“ weit und breit ist, machen sich auch in den Übernachtungszahlen bemerkbar: Nach 700 bis 900 in den 80er Jahren waren es im Vorjahr schon über dreimal so viele, „2016 ist ein gutes Jahr, da kratzen wir an der 3000er Marke“. Fast zwei Drittel davon sind Familien. Junggesellen-Abschiedsrunden erteilt Hans-Peter Gallenberger übrigens eine klare Absage: „Manche kommen schon b’soffen zu mir rauf, des brauch‘ i ned“. Obendrein sei – wie vom DAV verordnet – um 22 Uhr Hüttenruhe.
Die Berge schmecken …
Was die Küche betrifft, ist die Brunnsteinhütte ebenfalls mustergültig. Für „So schmecken die Berge“ sollten 60 Prozent der eingesetzten Lebensmittel aus der Region kommen. Die Kampagne werde zwar laut Gallenberger vom DAV kaum kontrolliert – der DAV arbeitet daran – bei ihm scheint das aber auch nicht nötig. „Ich wollte das einfach immer so“, erzählt er zum Thema Direktvermarktung. „Bei jedem Gericht kann ich dir sagen, woher was kommt“. Dinkelmehl, Sauerkraut, Gurken, Nudeln, Senf, Pfefferminztee und Apfelsaft von Streuobstwiesen kauft er von der Initiative „Unser Land“. Der Käse kommt aus Ettal, der Graukäse – für die Kaspressknödel – von der Mösl Alm im benachbarten Tirol. Das Brot „Fasl 1629“ wird in Mittenwald gebacken, Wurstwaren und Fleisch stammen vom Metzger Schmid in Oberau, der Kaffee aus der Rösterei Wildkaffee in Garmisch und das Bier von der Brauerei Mittenwald.
… auch Vegetariern gut

Das bayerische „Knödel-Tris“ mit handgemachten Knödeln und frischem Salat – kulinarische Genüsse auf der Brunnsteinhütte
Auch Vegetarier – die auf vielen Hütten nur mit Käsespätzle abgespeist werden – können sich freuen: Spezialität des Hauses sind verschiedenste leckere Knödelvariationen, wie Kaspress-, Tomate-Mozzarella-, Bärlauch- oder Spinatknödel, gerne auch gemischt als „Knödel-Tris“. Der Favorit vieler Süßspechte ist der Käsestreuselkuchen. Rund 12.000 Tagesgäste pro Jahr kommen in den Genuss der Leckereien aus meist regionalen Zutaten.
Mit „So schmecken die Berge“ will der Alpenverein zur Erhaltung der alpinen Kulturlandschaft beitragen, die regionale Wirtschaft ebenso fördern wie den schonenden Umgang mit Ressourcen. Wer glaubt, das sei alles selbstverständlich auf einer Hütte, der irrt: Nur jede sechste der 550 Alpenvereinshütten in Südtirol, Bayern und Österreich macht mit. Allein das Beispiel Milch zeigt, dass es auch gar nicht so einfach ist, Lebensmittel auf kurzem Weg zu beziehen: Am Fuße des Karwendels und im oberen Isartal gibt es einige Milchbauern. „Doch Rohmilch zu verwenden, das verbieten die Lebensmittelbehörden“, klagt Hans-Peter Gallenberger. Er müsste eine eigene kleine Molkerei anmelden. Geht nicht. H-Milch, gar im Tetrapak, geht schon gar nicht. Also bezieht er frische Milch in 10-Liter-Eimern aus der Molkerei Miesbach. So vermeidet er immerhin 1500 Einweg-Verpackungen.
Hier Umweltbewusstsein groß geschrieben
Regionale Lieferanten zu bevorzugen ist ein wichtiger Teil des Umweltengagements auf der Brunnsteinhütte. Doch das reicht noch viel weiter: „In den 70er Jahre war ich viel in den Bergen unterwegs, manche Gipfel waren damals eine Müllhalde“, meint Hans-Peter Gallenberger. Auf seiner
Hütte wird der meiste Müll vermieden, die Gäste sind angehalten, ihren wieder mit ins Tal zu nehmen. Der geringe Rest wird kompostiert oder kommt zur Trennung ins Tal. Bereits 1984 initiierte er, dass Solarmodule auf die Hütte geschraubt wurden. Es folgten die Bio-Kläranlage und der Pflanzenölmotor der Materialseilbahn. 2000 verlieh der DAV der Brunnsteinhütte, als einer der ersten Hütten im Alpenraum, das Umweltgütesiegel.
Nur die Wasserversorgung schaffte in trockenen Sommern Probleme. Um die 120.000 Liter benötigt man auf der Brunnsteinhütte pro Jahr. Eine oberhalb der Hütte gelegene Quelle hat dieses Problem gelöst. Seit 2014 fließt ein kleiner Teil des Quellwassers zur Hütte und speist auch eine 500-Watt-Turbine. Die liefert zwei Drittel des benötigten Stroms, den Rest Photovoltaik. In Sachen Energieeffizienz macht den Gallenbergers so schnell keiner was vor: „Ich kenn keine Hütte, die mit so wenig Strom so viel macht“, so der Hüttenwirt.
Energie-Effizienz pur
Mit selbst erzeugter Energie zu arbeiten, gilt offenbar auch für Gallenberger privat. Einmal die Woche, mittwochs, nimmt er sich frei und steigt ins Tal. „Ich gehe eigentlich immer“, bestätigt der ausgebildete Bergwachtler, obwohl er die Materialseilbahn bequemer wäre. Dann folgt der kleine Seitenhieb auf so manch korpulenten Kollegen: „Hüttenwirte, die fahren können, kennst glei‘ an der Figur“. Mittwoch vormittag sitzt er gern im Sattel, radelt mal auf den Schachen, die Karwendelrunde oder kurz auf den Kranzberg. Mittags geht er oft mit seinen Söhnen (19 und 20) zum Essen.
Während er erzählt, bäckt Hans-Peter einen Kuchen, wiegt Zutaten ab, schraubt an der Küchenmaschine, schält Äpfel, rollt Teig aus… – „Kochen und Backen hab‘ ich mir selber beigebracht. Ursprünglich war die Rollenteilung so, dass ich fürs Service und die Hütte zuständig bin und meine Frau für die Küche. Aber das hat sich halt verändert.“ Plötzlich steht Frederico am Ausschank und steckt frech seinen Kopf durchs Fenster. Er holt sich die Apfelschalen. „Fredl“ ist besser als jede Kompostieranlage.
Hüttenrezept: Bärlauchknödel von der Brunnsteinhütte
(Zutaten für circa 10 Knödel)
- 200 g Bärlauch (stattdessen kann man auch Spinat verwenden)
- 500 g Knödelbrot
- 4 Eier
- 50 g geriebener Parmesan, 50 g geriebener Emmentaler
- Salz, Pfeffer, Muskantnuss
Zubereitung:
Den Bärlauch fein hacken. Das Knödelbrot mit den Eiern und dem Käse in einer Schüssel mischen, würzen, die Gewürze und den Bärlauch untermischen und die Masse zu einem gleichförmigen Knödelteig verarbeiten. Mit leicht feuchten Händen nicht zu große runde Knödel formen. Kurz ruhen lassen. In einem großen Topf Salzwasser erhitzen, die Knödel vorsichtig hineinlegen und bei mittlerer Hitze etwa 30 min. ziehen lassen. Herausheben und kurz abtropfen lassen.
Je nach Geschmack die Bärlauchknödel in der Suppe, mit Sauerkraut oder mit gemischtem Salat, brauner Buttersoße und geriebenem Parmesan servieren.
Guten Appetit!
Wissenswertes & Informatives
- Informationen zur Kampagne des DAV – „So schmecken die Berge“
- Näheres zur Kampagne des DAV – „Mit Kindern auf Hütten“
- Details zum Umweltgütesiegel des DAV
- Allgemeine Informationen zum Deutschen Alpenverein (DAV)
Hinterlassen Sie einen Kommentar
Wollen Sie an der Diskussion teilnehmen?